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Es ist für mich das bisher am schwersten verdauliche Buch Remarques.
Erneut habe ich dutzende Passagen unterstrichen und für mich kommentiert, in denen meines Erachtens Wahrheit und Tiefgang stecken. Remarque leiht den zurückgekommenen Soldaten, die als Jugendliche in den Krieg gezogen sind, seine Stimme und konfrontiert die verantwortlichen Stellen mit deren verlorenen Jugend, ihrer unerträglichen Gegenwart und einer scheinbar hoffnungslosen Zukunft.
Remarque weiß wovon er schreibt, war er schließlich selbst mit 18 Jahren in den Krieg eingezogen und Zeuge des Tötens auf oberen Befehl für das Vaterland und die anschließende Rückkehr zum alltäglichen Leben oder besser, der Versuch in einen Alltag zurückzufinden, der nach den Fronterlebnissen keinen Sinn mehr macht. Familie, Nachbarn, Lehrer verstehen nicht den Zustand, in dem sich die Rückkehrer befinden und der sie quält ("Es ist alles umsonst, Ernst. Wir sind kaputt, aber die Welt geht weiter, als wenn der Krieg nicht da gewesen wäre.").
Umsonst warten die jungen Männer auf die versöhnlichen Worte: "Wir haben alle furchtbar geirrt! Wir wollen gemeinsam zurückfinden! Habt Mut!" Stattdessen sehen sie sich mit den Erwartungen konfrontiert, alles zu vergessen, geregelte Arbeit zu finden und sich wieder der staatlichen Ordnung anzupassen. Dies wird besonders in der Gerichtsverhandlung deutlich. Albert hat den Geliebten seiner Freundin erschossen. Seine Freunde klagen die Obrigkeit an! - Eine der ganz großen Szenen für mich!
Der erste ergreifende Augenblick war für mich jedoch die Passage, in der Ernst zu seiner Familie zurückkehrt und einen Moment mit seiner Mutter allein im Treppenhaus steht:
"Sie beugt sich über das Geländer. Ihr kleines zerfurchtes Gesicht ist golden beschattet vom Lampenschirm. Unwirklich wehen die Schatten und Lichter hinter ihr über den Flur. Und plötzlich schwankt etwas in mir, eine seltsame Rührung packt mich, fast wie ein Schmerz - als gäbe es nichts auf der Welt als dieses Gesicht, als wäre ich wieder ein Kind, dem man auf der Treppe leuchten muss, ein Junge, dem auf der Straße etwas geschehen kann, und alles andere dazwischen nur Spuk und Traum. -
Aber das Licht der Lampe fängt sich zu einem scharfen Reflex in meinem Koppelschloss. Die Sekunde verfliegt, ich bin kein Kind, ich trage eine Uniform. Rasch springe ich die Treppe hinunter, immer drei Stufen auf einmal, und stoße die Haustür auf, begierig, zu meinen Kameraden zu kommen."
In jeder Szene steckt ein hohes Maß an Bewegung, sei es äußerlich oder nur innerlich. Remarque gibt dem Leser keine Ruhe, schont ihn nicht, sondern zieht ihn durch das Gefühlschaos seiner Protagonisten mit. So schildert er die Freitode von Ludwig und Georg detailliert. Allerdings in einer poetischen, beeindruckend ästhetischen Art. Er beraubt sie grausam ihres jungen Lebens und bettet sie sanft. Hier greift sie wieder, seine gewohnt schnörkellose Sprache, die gewaltige Bilder vor unseren Auge entstehen lässt, das Innere aufwühlt, ja ergreift und eine Wahrheit herauskatapultiert, die so groß und komplex ist, dass es mich nicht wundert, dass der Roman 1931 wie eine Bombe auf deutschen Boden schlug und heftig kritisiert wurde. Wie es Remarque so trefflich in einer Freitodszene formuliert "Das Schweigen beginnt zu reden." -
Es ist ein wichtiges Buch und die notwendige wie gelungene Fortsetzung von "Im Westen nichts Neues". Schade, dass dies damals von der Mehrheit der deutschen Bevölkerung nicht wahrgenommen und erkannt wurde, verbirgt Remarque in seinen Text sogar eine Begebenheit, die geradezu prophetisch ist. Während Ernst und seine Kameraden vor einem Waldstück sitzen, durchstößt plötzlich eine Gruppe minderjähriger Jungen das Gebüsch und übt Krieg, angeleitet von einem Erwachsenen, den er wiederholt als "Führer" betitelt.
Ich ziehe erneut meinen Hut vor diesen großartigen Schriftsteller.
Erneut habe ich dutzende Passagen unterstrichen und für mich kommentiert, in denen meines Erachtens Wahrheit und Tiefgang stecken. Remarque leiht den zurückgekommenen Soldaten, die als Jugendliche in den Krieg gezogen sind, seine Stimme und konfrontiert die verantwortlichen Stellen mit deren verlorenen Jugend, ihrer unerträglichen Gegenwart und einer scheinbar hoffnungslosen Zukunft.
Remarque weiß wovon er schreibt, war er schließlich selbst mit 18 Jahren in den Krieg eingezogen und Zeuge des Tötens auf oberen Befehl für das Vaterland und die anschließende Rückkehr zum alltäglichen Leben oder besser, der Versuch in einen Alltag zurückzufinden, der nach den Fronterlebnissen keinen Sinn mehr macht. Familie, Nachbarn, Lehrer verstehen nicht den Zustand, in dem sich die Rückkehrer befinden und der sie quält ("Es ist alles umsonst, Ernst. Wir sind kaputt, aber die Welt geht weiter, als wenn der Krieg nicht da gewesen wäre.").
Umsonst warten die jungen Männer auf die versöhnlichen Worte: "Wir haben alle furchtbar geirrt! Wir wollen gemeinsam zurückfinden! Habt Mut!" Stattdessen sehen sie sich mit den Erwartungen konfrontiert, alles zu vergessen, geregelte Arbeit zu finden und sich wieder der staatlichen Ordnung anzupassen. Dies wird besonders in der Gerichtsverhandlung deutlich. Albert hat den Geliebten seiner Freundin erschossen. Seine Freunde klagen die Obrigkeit an! - Eine der ganz großen Szenen für mich!
Der erste ergreifende Augenblick war für mich jedoch die Passage, in der Ernst zu seiner Familie zurückkehrt und einen Moment mit seiner Mutter allein im Treppenhaus steht:
"Sie beugt sich über das Geländer. Ihr kleines zerfurchtes Gesicht ist golden beschattet vom Lampenschirm. Unwirklich wehen die Schatten und Lichter hinter ihr über den Flur. Und plötzlich schwankt etwas in mir, eine seltsame Rührung packt mich, fast wie ein Schmerz - als gäbe es nichts auf der Welt als dieses Gesicht, als wäre ich wieder ein Kind, dem man auf der Treppe leuchten muss, ein Junge, dem auf der Straße etwas geschehen kann, und alles andere dazwischen nur Spuk und Traum. -
Aber das Licht der Lampe fängt sich zu einem scharfen Reflex in meinem Koppelschloss. Die Sekunde verfliegt, ich bin kein Kind, ich trage eine Uniform. Rasch springe ich die Treppe hinunter, immer drei Stufen auf einmal, und stoße die Haustür auf, begierig, zu meinen Kameraden zu kommen."
In jeder Szene steckt ein hohes Maß an Bewegung, sei es äußerlich oder nur innerlich. Remarque gibt dem Leser keine Ruhe, schont ihn nicht, sondern zieht ihn durch das Gefühlschaos seiner Protagonisten mit. So schildert er die Freitode von Ludwig und Georg detailliert. Allerdings in einer poetischen, beeindruckend ästhetischen Art. Er beraubt sie grausam ihres jungen Lebens und bettet sie sanft. Hier greift sie wieder, seine gewohnt schnörkellose Sprache, die gewaltige Bilder vor unseren Auge entstehen lässt, das Innere aufwühlt, ja ergreift und eine Wahrheit herauskatapultiert, die so groß und komplex ist, dass es mich nicht wundert, dass der Roman 1931 wie eine Bombe auf deutschen Boden schlug und heftig kritisiert wurde. Wie es Remarque so trefflich in einer Freitodszene formuliert "Das Schweigen beginnt zu reden." -
Es ist ein wichtiges Buch und die notwendige wie gelungene Fortsetzung von "Im Westen nichts Neues". Schade, dass dies damals von der Mehrheit der deutschen Bevölkerung nicht wahrgenommen und erkannt wurde, verbirgt Remarque in seinen Text sogar eine Begebenheit, die geradezu prophetisch ist. Während Ernst und seine Kameraden vor einem Waldstück sitzen, durchstößt plötzlich eine Gruppe minderjähriger Jungen das Gebüsch und übt Krieg, angeleitet von einem Erwachsenen, den er wiederholt als "Führer" betitelt.
Ich ziehe erneut meinen Hut vor diesen großartigen Schriftsteller.