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Das letzte Buch des einzigen, 95jährig verstorbenen, arabischsprachigen Literaturnobelpreisträgers – das Buch der Träume. Der Titel verspricht, was gehalten wird – zumindest wenn man die aufgeschriebenen Träume erwartet und keine Interpretationen derselben. Sie wirken realistisch, realistisch in ihren Brüchen, in ihren surrealen Elementen und in ihren schwer zu greifenden Realitätsbezügen. Viele zentrieren sich um Ängste, sei es vor Bedrohungen oder vor dem eigenen Scheitern in unauflösbaren, hoffnungslosen Situationen. Die Perspektive ist eine bedingungslos subjektive, die sich an den persönlichen Erfahrungen ausrichtet und in der aus der eigenen Warte verarbeitet wird. Wenig überraschend sind die Träume somit mit zahlreichen Verweisen auf die politischen, historischen und gesellschaftlichen Realitäten Ägyptens ausgerichtet und verschaffen so einen, man möchte es fast instinktiv immer wieder aufgreifen, Einblick in eine gesellschaftliche Realität Ägyptens. Andererseits in geradezu kafkaesk verallgemeinerbare Situationen:
Jeder im Dorf wartete auf den Brief der über sein Schicksal entscheiden sollte. Eines Tages war es für mich so weit. Ich öffnete den Brief und las, dass ich zum Tod durch den Strang verurteilt sei. Wie üblich verbreitete sich die Nachricht in Windeseile. Die Mitglieder des Dorfklubs kamen zusammen und verkündeten schließlich, dass das Ereignis zu gegebener Zeit gefeiert werde. Bei mir zu Hause, wo ich mit meiner Mutter und meinen Brüdern und Schwestern lebte, herrschte eitel Freude. An dem lang erwarteten Tag schlugen im Dorf die Trommeln. Festlich angezogen und umringt von meinen Lieben, trat ich aus dem Haus. Aber plötzlich benahm sich meine Mutter sonderbar, sie fing an zu weinen. Wäre es unserem Vater doch nur vergönnt gewesen, schluchzte sie, diesen glücklichen Tag zu erleben. (S. 114)
Die Träume umspannen ein ganzes Leben, fast ein Jahrhundert und greifen auf die Kindheit, auf geliebte und geschätzte Personen aus dem eigenen Leben zurück und hängen sich an, vielleicht lange vergessene, Hoffnungen der eigenen Vergangenheit.
Jeder im Dorf wartete auf den Brief der über sein Schicksal entscheiden sollte. Eines Tages war es für mich so weit. Ich öffnete den Brief und las, dass ich zum Tod durch den Strang verurteilt sei. Wie üblich verbreitete sich die Nachricht in Windeseile. Die Mitglieder des Dorfklubs kamen zusammen und verkündeten schließlich, dass das Ereignis zu gegebener Zeit gefeiert werde. Bei mir zu Hause, wo ich mit meiner Mutter und meinen Brüdern und Schwestern lebte, herrschte eitel Freude. An dem lang erwarteten Tag schlugen im Dorf die Trommeln. Festlich angezogen und umringt von meinen Lieben, trat ich aus dem Haus. Aber plötzlich benahm sich meine Mutter sonderbar, sie fing an zu weinen. Wäre es unserem Vater doch nur vergönnt gewesen, schluchzte sie, diesen glücklichen Tag zu erleben. (S. 114)
Die Träume umspannen ein ganzes Leben, fast ein Jahrhundert und greifen auf die Kindheit, auf geliebte und geschätzte Personen aus dem eigenen Leben zurück und hängen sich an, vielleicht lange vergessene, Hoffnungen der eigenen Vergangenheit.